Interaktive Stadtkarte zu kolonialen und postkolonialen Orten in Tübingen

Kurze Beschreibung

Eine virtuelle Entdeckung von Orten in der Stadt, die kolonial verstrickt waren mit umfassenden Vertiefungsmöglichkeiten zum Thema Kolonialismus und Dekolonisation.

Lange Beschreibung

Die Verstrickungen Tübingens mit dem Kolonialismus wurden bislang wenig aufgearbeitet. Die interaktive Stadtkarte macht Tübingens koloniale Vergangenheit sichtbar und in der Stadtgesellschaft präsent.
Auf dem Tübinger Stadtplan sind Orte markiert, die kolonial verstrickt waren wie die ehemaligen Kolonialwarenläden, der Botanische Garten, der Zoo oder die Universität. Es sind aber auch Biografien von Tübingern einbezogen, die am Aufbau der deutschen Kolonialmacht beteiligt waren:
von Kolonialgouverneuren bis hin zu Ärzten und Missionaren.
Durch Anklicken der Markierung auf der Karte erscheinen kurze Texte und Bilder, die Auskunft über den Ort geben. Durch einen Link sind weitere Informationen, die vertiefende Einblicke geben und den allgemeinen Kontext herstellen, abrufbar: zu historischen Ereignissen und Kriegen oder etwa der Mission, dem Handel, kolonialer Wissenschaft aber zu der ehemaligen Garnisonstadt Tsingtau, wo Tübinger Bier brauten oder den Hafen bauten.
Die Recherche zu den Inhalten erfolgte in Archiven und Bibliotheken, aber auch partizipativ mit der Tübinger Bevölkerung. Sie konnte ihre kolonialen Geschichten und Fotos ins Museum bringen, wodurch die Texte der Karte inhaltlich und mit aussagekräftigen Bildern ergänzt wurden.
Das Konzept, Plätze der Stadt mit kolonialer Verstrickung zu identifizieren, lädt diese vermeintlich harmlosen Orte mit neuer Bedeutung auf und legt offen, wie allumfassend koloniales Handeln in Tübingen war.

Das koloniale Erbe ist heute noch präsent: Noch immer wirkt es sich auf globale Machtverhältnisse und alltägliche Denkweisen aus. Daher war es unabdingbar, auch eine Stadtkarte zu Tübingens postkolonialer Gegenwart mit dem gleichen Aufbau zu entwickeln: Sie zeigt Orte mit postkolonialen Bezügen, zum Beispiel Antidiskriminierungsstellen, Straßen mit kolonialen Namensgebern oder faire Kaufläden. Auch hier stehen weiterführende Informationen zu Rassismus, Antirassismus, kolonialer Aufarbeitung globalem Handel zur Verfügung. Aktivist_innen in Workshops etwa zu Critical Whiteness oder Empowerment entwickelten die Inhalte mit.
Da beide Karten auch in englischer Sprache abrufbar sind, können sie einer breiten Anzahl von Migrant_innen Vernetzungsmöglichkeiten aufzeigen. Insbesondere durch das digitale Angebot, das leicht zugänglich ist sowie durch die Zusammenarbeit mit von Rassismus betroffenen Gruppen, wurde ein neues Publikum für die musealen Angebote gewonnen.

Die Stadtkarte erfreut sich hoher Besucher_innenzahlen (Koloniale Stadtkarte: über 440 000 Zugriffe/Jahr, Postkoloniale Stadtkarte: über 38 000 Zugriffe/5 Monate).
Sie ist eines der Vorreiterprojekte zu dem Thema, andere Institutionen und Gemeinden haben sie sich zum Vorbild genommen. Auch für Schulen bietet die Karte eine Grundlage zur Aufarbeitung des Themas. Die Umsetzung erfolgte durch acameo – Gruppe für digitale Kommunikation, die ein intuitives Handling der Karte gewährleisteten.

Für beide Projekte erhielten wir eine Förderung:
Die Koloniale Stadtkarte wurde entwickelt im Rahmen von „dive.in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes. Die Postkoloniale Stadtkarte bezuschusste der Innovationsfonds Kunst des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.

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Link zum Projekt

https://koloniale-orte-tuebingen.de/