MONUMENTE 3D – Festungsruine Hohentwiel
„Monumente 3D“ ist eine Kultur-App der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Sie entsteht im Rahmen des Leuchtturmprojekts „Virtuelle Rekonstruktion von Kulturliegenschaften“ (Leitung Dr. Frithjof Schwartz) und ist als digitales Vermittlungstool für kulturhistorisch herausragende Monumente des Landes geplant.
Pilot des Projekts ist die Festungsruine Hohentwiel am Bodensee, mit der die App im Sommer 2021 launchte. Weitere Monumente, wie der Hortus Palatinus, der alte Garten des Heidelberger Schlosses, werden zurzeit im selben Format entwickelt und 2023 in die App integriert.
Wichtigstes Erkennungsmerkmal ist die zentrale Bedeutung des 3D-Raums, der als Schnittstelle für den Content, als interaktives didaktisches Tool, als Orientierungsmittel und als Erlebnisraum genutzt wird.
Das mit hohem wissenschaftlichem Anspruch rekonstruierte Modell der im Jahr 1800 geschleiften Festungsanlage ist zentimetergenau im Landesgeodatennetz referenziert. Dies ermöglicht die sattelitengesteuerte Ortung der Besucherinnen und Besucher über einen beweglichen Punkt auf dem Screen ihrer Endgeräte. Zugleich wird durch die Verortung aber auch ein Begehen des Modells als Umgebungsraum ermöglicht. Über die Ansicht „Egoperspektive“ kann man sich im Modellraum wie in einem Videospiel (Egoshooter) bewegen und die rekonstruierten Räume in Echtzeit erleben.
Der so simulierte Raumeindruck ergänzt die Wahrnehmung der realen Umgebung und bietet – anders als bei digitalen VR-Formaten für 3D-Brillen – die Möglichkeit einer Raumerfahrung ohne Abschirmung oder Isolation.
Mehrere Ansichten des Modells stehen zur Verfügung: Man wählt zwischen dem Zustand der Anlage kurz vor ihrer Zerstörung um 1800 und dem Bestandsmodell der Jetztzeit aus und kann so über den Vergleich leichter die Monumentalität der Anlage begreifen.
Ergänzend zum Gesamtmodell werden AR-Modelle zu verschiedenen wichtigen Einzelbauten angeboten, die man im Detail, im Schnitt oder teils mit ihren beweglichen Elementen, wie etwa Mühlengetrieben mit rekonstruierter Geräuschkulisse, untersuchen kann.
Im Bereich Inhalte können User sie interessierende Punkte nach Stationen im Explorer Modus zusammenstellen oder als Guided Tour abrufen, wobei die Orientierung im weitläufigen Gelände nützlich ist.
Gesamtmodell, animierte Teilmodelle und alle Inhalte sind auch unabhängig vom Standort online verfügbar. Beim Besuch der Festung werden die ortsgebundenen Elemente aktiviert, die Gäste in das Modell integrieren. Anders als bei AR-Präsentationen entfällt ein Anvisieren bestimmter Punkte im Gelände oder die Nähe zu einem Beacon als Zwischenschritt. Das Mobilgerät präsentiert Besuchern das historische Festungsgelände (400×400 m) in Echtzeit und ermöglicht so die Wahrnehmung der Modelle in Ergänzung zum realen Umgebungsraum. Zur Umsetzung wurde das Gesamtmodell in einzelne Bereiche aufgeteilt, neu gruppiert und begehbare Flächen wurden definiert.
Neben der neuartigen Egoperspektive bietet die App zum Hohentwiel reichhaltige Inhalte zu Gebäuden und ihrer Geschichte, zu Personen und Sozialgeschichte, zu Flora und Fauna, zu den spektakulären Aussichtspunkten und zu historischen künstlerischen Ansichten. Die Inhalte sind als Audiospur in Deutsch und Englisch und in einem erweiterten Lexikonteil als illustrierte Texte verfügbar. Ein wichtiges Element der App ist die Transparenz der Inhalte. So werden Gäste auch über Dokumente informiert, die die Rekonstruktion ermöglichen. Oft werden historische Abbildungen u. Pläne im Textteil den Modellen gegenübergestellt und so die Grundlagen der Arbeit präsentiert.
Auch hier erweist sich die App als stilbildend, denn es wird kein fertiges Produkt ohne Begründung serviert, Gäste sollen interaktiv die Kulturarbeit erfahren.